Am liebsten wäre ich ein Octopus

Spielzeugfrei sei für die Kindergärtner_innen genauso schön wie für die Kinder sagten alle. Ich habe mich sehr auf das Projekt gefreut! Im Voraus sagten alle, man werde viel Zeit haben zum Beobachtung machen. Davon ging ich aus, denn meine Gruppe war bereits vor dem Projekt sehr selbstständig im Freispiel.

Aber…Meistens fing es damit an, dass es irgendwo ein Pflaster brauchte oder ein eingeklemmter Finger schmerzte. Gleichzeitig wollen einige Kinder ein Seil an einen Stuhl binden und der Knoten will einfach nicht halten. Sie wollen, dass ich ihnen den Knoten noch einmal zeige. Draussen sehe ich aus dem Augenwinkel gerade noch, wie ein Stein geschossen wird und würde am liebsten sofort intervenieren, aber da war doch noch was mit dem Pflaster? In der Bauecke höre ich, wie es immer lauter wird. Die Chaostruppe macht gerade eine Hütte kaputt und der eingeklemmte Finger tut immer noch weh und eigentlich wollte ich schon lange draussen mal nach dem Rechten sehen. Meinen Znüniapfel würde ich auch noch gerne essen und hätte ich nicht noch irgendwo einen Knoten zeigen sollen?

Ich geniesse die Zeit ohne Spielzeuge und staune zwischendurch ab den Ideen, die auch nach 9 Wochen keinesfalls einfallslos werden. Dennoch sind in der zwischen Zeit sogar die Kinder draufgekommen: «Gäll Frau Weber, mängisch wärs praktisch du hettisch hundertuusig Händ zum eus hälfe». Und die könnte ich gerade im spielzeugfreien Kindergarten manchmal sehr gut brauchen, denn die Beobachtungen schreiben sich leider noch nicht von selbst auf.

Kindergartenlehrperson aus dem Aargau

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